Vorsorgen & Anlegen

Das sind die Pläne der neuen Ampel-Regierung für Ihre Rente

Die Ampel ist da – und damit auch der Koalitionsvertrag. Knapp zwei Monate nach der Bundestagswahl haben die Parteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP (Ampel-Koalition) einen Koalitionsvertrag vorgelegt, der am 7. Dezember 2021 von allen Parteien unterzeichnet wurde. Im Artikel „Deutschland hat gewählt: Was könnte das Wahlergebnis für Ihre Rente bedeuten?“ haben wir uns die verschiedenen Forderungen der Parteien bereits angesehen. Doch welche Forderungen rund um das Thema Rente wurden nun tatsächlich in den Koalitionsvertrag aufgenommen?

Rentenniveau, Rentenbeiträge und Renteneintrittsalter: Alles bleibt wie gehabt?

Das Rentenniveau der gesetzlichen Rentenversicherung wird laut der Ampel-Koalition in den nächsten vier Jahren weiterhin bei 48 Prozent liegen.1 Es berechnet sich aus der durchschnittlichen Rentenhöhe und dem Durchschnittseinkommen der Beitragszahler.2 Wenn zum Beispiel die durchschnittliche Rente bei 1.200 Euro liegt und das durchschnittliche Einkommen aller in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Mitglieder 2.505 Euro beträgt, so liegt das Rentenniveau bei 47,9 Prozent.3

Darüber hinaus hat sich die neue Koalition zum Ziel gesetzt, dass der Beitragssatz der gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigt.4 Somit wird es weder Rentenkürzungen noch Beitragserhöhungen in der nächsten Legislaturperiode geben.5 In diesem Fall konnten vor allem die SPD und die Grünen ihre Forderungen durchsetzen. Die FDP hätte das Rentenniveau gerne angehoben.6

Eine Anhebung des Renteneintrittsalters wird hingegen von allen Koalitionären ausgeschlossen. In diesem Punkt herrscht ein klarer Konsens. Somit bleibt das Eintrittsalter bei 67 Jahren. Das bedeutet, dass es bezüglich des Rentenniveaus, der Rentenbeiträge und des Renteneintrittsalters keine Veränderungen geben wird.

Finanzierung: die Unterstützung des Umlagesystems durch eine Kapitaldeckung

Beim Thema Finanzierung der gesetzlichen Rentenversicherung einigten sich die Koalitionsparteien auf einen Vorschlag der FDP. Die Liberalen schlugen eine teilweise Kapitaldeckung vor. Im Koalitionspapier heißt es: „Diese teilweise Kapitaldeckung soll als dauerhafter Fonds von einer unabhängigen öffentlich-rechtlichen Stelle professionell verwaltet werden und global anlegen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro zuführen.“7

Doch was bedeutet eigentlich eine Kapitaldeckung? Zunächst einmal ist es wichtig, die Kapitaldeckung vom aktuellen Umlageverfahren abzugrenzen. Ein umlagefinanziertes Rentensystem bedeutet, dass die Arbeitnehmer Rentenbeiträge zahlen, die auf die derzeitigen Rentner umgelegt werden. Vereinfacht gesagt handelt es sich dabei um einen Generationenvertrag, nach dem eine berufstätige Generation für die Renten der älteren Jahrgänge verantwortlich ist. Beim sogenannten Kapitaldeckungsverfahren legen Arbeitnehmer regelmäßig Beiträge zum Vermögensaufbau am Kapitalmarkt an. „Aus den einbezahlten Geldern und den erwirtschaften Zinsen wird im Rentenalter die individuelle Rente bezahlt.“8 Hier wird häufig kritisiert, dass allgemeine Anlagerisiken, wie zum Beispiel Kursschwankungen, zum Nachteil für ein gesetzliches Rentensystem seien.

Auf der anderen Seite ist die Form der Kapitaldeckung nicht vom demografischen Wandel abhängig. Aus diesem Grund ist es wichtig zu erwähnen, dass das derzeitige Umlageverfahren auch weiterhin bestehen bleibt, nur soll es zukünftig um eine teilweise Kapitaldeckung erweitert werden. Außerdem legte die neue Koalition fest, dass in finanziellen Notlagen die Regierung nicht auf das Geld der Anleger zugreifen kann: „Der kapitalgedeckte Teil der gesetzlichen Rente muss für das Kollektiv der Beitragszahler dauerhaft eigentumsgeschützt sein.“9 Tiefergehende Pläne wie eine Aktienrente, die von der FDP vorgeschlagen wurde, sind im Koalitionsvertrag nicht zu finden.

In Hinblick auf die Forderung von SPD und Grünen bezüglich der Einbeziehung weiterer Erwerbstätiger (Beamte, Selbstständige und Mandatsträger) in die gesetzliche Rentenversicherung blieben am Ende nur noch die Selbstständigen über. Zukünftig sollen diese teilweise verpflichtend für das Alter vorsorgen. Solange keine grundsichernde private Altersvorsorge vorhanden ist, würden Selbstständige automatisch in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, könnten jedoch durch eine sogenannte Opting-out-Option (Bürger müssen aktiv widersprechen) in eine private Rentenversicherung wechseln.10 Weiterhin soll das umlagefinanzierte Rentensystem durch eine höhere Erwerbsbeteiligung sowohl von Frauen und älteren Arbeitnehmern als auch von qualifizierten Einwanderern unterstützt werden.

Mehr Fokus auf die betriebliche Vorsorge und eine grundlegende Reform der privaten Altersvorsorge

Die betriebliche Vorsorge soll in Zukunft offener gestaltet werden, sodass Anlagen mit höheren Renditen möglich sind. Dies könnte zum Beispiel einen höheren Aktienanteil bei betrieblichen Vorsorgeprodukten betreffen. Außerdem soll das sogenannte Sozialpartnermodell, auch bekannt als „Nahles-Rente“, gestärkt werden. Grundsätzlich gelten als „Sozialpartner“ die Arbeitgeber und die Gewerkschaften innerhalb eines Tarifvertrags. Allerdings können hier auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber diese betriebliche Form der Altersvorsorge abschließen. Beim Aufbau der Nahles-Rente wird lediglich die Höhe der monatlichen Beitragszahlung zugesagt und eine Zielrente (die Summe, die der Arbeitnehmer später erhalten soll) bestimmt, die aber nicht garantiert ist. Im Vergleich zu anderen betrieblichen Altersvorsorgemöglichkeiten entfällt somit die Haftung seitens des Arbeitgebers und der Versorgungseinrichtung gegenüber dem Arbeitnehmer.

Vereinfacht gesagt bedeutet dies, dass die Höhe der vereinbarten Betriebsrente nicht garantiert ist. Auf der anderen Seite erhöht dieses Modell die Renditechancen des Arbeitnehmers.11 Alles in allem kommen die Vereinbarungen in Bezug auf die betriebliche Vorsorge vor allem den Forderungen von SPD und FDP nach. Aussagen hinsichtlich einer verpflichtenden betrieblichen Altersvorsorge können dem Koalitionsvertrag nicht entnommen werden. Der Wunsch der Grünen, einen „Bürgerfonds“ einzuführen, wird in Bezug auf die betriebliche Rente nicht erwähnt, er kommt jedoch bei der dritten Säule, der privaten Vorsorge, zum Vorschein.

Laut Koalitionsvertrag will man einen „öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit“12(ähnlich einem Bürgerfonds) für die private Altersvorsorge prüfen. Weiterhin soll eine staatliche Förderung alternativer Anlageprodukte begutachtet werden, solange diese eine höhere Rendite als die Riester-Rente aufweisen. Hier sollen vor allem Anreize für untere Einkommensgruppen gesetzt werden. Die Vereinbarung einer grundlegenden Reform der privaten Altersvorsorge könnte zu einer Abkehr von der Riester-Rente führen. Es wird jedoch einen Bestandsschutz für laufende Riester-Verträge geben. Diese Einigungen liegen in erster Linie im Interesse von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Zu guter Letzt wurde der Sparerpauschbetrag (steuerfreie Kapitaleinkünfte, wie zum Beispiel Zinsen oder Dividenden) von 801 auf 1.000 Euro erhöht.13

Der erste kleine Schritt in Richtung Rentenreform ist getan

Eine erste Öffnung für Kapitalanlageprodukte und die Prüfung verbraucherfreundlicher Alternativen wurden vereinbart. Somit ist der erste kleine Schritt in Richtung Rentenreform getan. Ein gleichbleibendes Rentenniveau, gleichbleibende Rentenbeiträge und ein gleichbleibendes Renteneintrittsalter machen jedoch weitere Maßnahmen erforderlich, um die Konsequenzen des demografischen Wandels für die Altersvorsorge abzumildern. Es wird spannend werden zu beobachten, ob die Zuführung eines Kapitalstocks in Höhe von 10 Milliarden Euro zur gesetzlichen Rentenversicherung ausreicht und welche Vorhaben des Koalitionsvertrags tatsächlich umgesetzt werden.


1 https://www.finanzen.de/
2 https://www.einfach-rente.de/
3 https://www.einfach-rente.de/
4 https://www.finanzen.de/
5 https://www.finanzen.de/
6 https://www.tagesschau.de/
7 https://www.spd.de/
8 https://www.einfach-rente.de/
9 https://www.spd.de/
10 https://www.tagesschau.de/, S.75
11 https://www.transparent-beraten.de/
12 https://www.spd.de/
13 https://www.versicherungsbote.de/

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